WEG HIER - Flucht im Kino

29. Februar – 9. April 2024
 

Gehen aus Zwang.
Ankommen gegen Widerstände.
Flucht im Kino.

 

Das Programm zeigt Menschen, die vor humanitären Krisen, gesellschaftlichen Rollenzuweisungen oder sich selbst auf der Flucht sind. Im Spektrum von Desorientierung und Reorientierung kämpfen sie mit ihren Werten um Neuland für ihre Identität.

 

Geflüchtete aus Afghanistan und dem Iran schliessen im Schweizer Exil neue Freundschaften und begegnen den Herausforderungen als Asylsuchende mit Zusammenhalt. (PRISONERS OF FATE von Mehdi Sahebi.)

Ein palästinensischer Filmemacher, der in Norwegen festsitzt, als die Grenzen nach Gaza geschlossen werden, aktiviert seine Kreativität und kontrastiert Aufnahmen von Bombenangriffen und eines verlorenen Lebensgefühls in Gaza-Stadt mit Bildern seines Alltags in Tromsø. (LIFE IS BEAUTIFUL - AL HAYA HELWA von Mohamed Jabaly.)

Ein Schuhputzer solidarisiert sich mit einem Schwarzen Jungen, der auf der Flucht ist, und nimmt den Kampf gegen einen unmenschlichen Staatsapparat auf: Aki Kaurismäki hat mit LE HAVRE eine seiner besten Komödien überhaupt realisiert: trockener Humor, treffende Dialoge, umwerfender Charme.

 

Auf unterschiedlichste Weise nutzen die Filmemachenden ihre schöpferischen Energien, um im Angesicht der Verzweiflung mit einem Lächeln nach vorne zu gehen. Sei es mit Hilfe der heilenden Kraft einer Animation, die gesellschaftliche Aussenseiter als leise Akteure in einem Krieg positioniert. (LA SIRENE von Sepideh Farsi.) Oder mit der Verknüpfung von menschlicher Wärme und lakonischem Humor beim Porträtieren einer vom Wunsch nach Gemeinschaft erfüllten jungen Migrantin. (FREMONT von Babak Jalali.)

 

Weggehen, um anzukommen. Welche Fluchtmöglichkeiten jedoch bleiben noch, wenn der eigene Körper zum Gebiet wird, das man verlassen will? (LES PARADIS DE DIANE von Carmen Jaquier und Jan Gassmann. Premiere am 16. März in Anwesenheit des Regie-Duos.) Punk-Rock zur letztmöglichen Bastion einer Freundschaft? (MARGINI von Niccolò Falsetti & Francesco Turbanti.) Oder der Rausch einer zermürbenden Partnerschaft zur roten Linie am anderen Ende der Welt? (HAPPY TOGETHER von Wong Kar Wai. Der Kameramann Christopher Doyle hat den Spielfilm in leuchtendem Schwarzweiß und satten Farben gedreht. Das Filmpodium präsentiert die digitale 4K-Restaurierung, die vom 35-mm-Originalnegativ durchgeführt und von Wong Kar Wai beaufsichtigt wurde.)

 

Apropos Punk: Punk als Lebenseinstellung und inszenatorische Haltung prägt Radu Judes neuer Spielfilm DO NOT EXPECT TOO MUCH FROM THE END OF THE WORLD: ein vielschichtiges Manifest zur absurden Erbarmungslosigkeit des Arbeitsalltags, das voller anarchischer Energie immer wieder von sich selbst abweicht und die Grenzen jeder Gegenwartserfahrung sprengt. Der Premierenfilm startet im Filmpodium am 2. März.

 

Wie jedes Jahr feiert das Filmpodium am 8. März mit dem Frauenplatz den Internationalen Tag der Frau. Im Mittelpunkt des Abends steht LES FILLES D’OLFA. Das Werk verwebt Dokument und Fiktion und ist für den diesjährigen Oscar als bester Dokumentarfilm nominiert. Kaouther Ben Hania erzählt die wahre Geschichte von Olfa, deren zwei älteste Töchter verschwunden sind. Zum Fesselnden an diesem Film gehört, dass die Regisseurin im Film präsent ist, und somit zur Leichtigkeit beiträgt, mit der die Frauen die Fragen des Frauseins in einer männlich geprägten Welt verhandeln.

 

Im Rahmen der Bieler Aktionswoche gegen Rassismus (16.-23. März 2024) engagiert sich das Filmpodium mit drei Werken: I AM NOT YOUR NEGRO von Raoul Peck ist ein prägnanter und verstörender Essay über die bis heute vom Mainstream weitgehend ausgeblendete Wirklichkeit Schwarzer Amerikaner. Der Dokumentarfilm schreibt ein 30-seitiges Manuskript des US-Schriftstellers James Baldwin fort, in dem dieser persönliche Erinnerungen an die drei großen Bürgerrechtler Martin Luther King, Malcolm X und Medgar Evers mit einer Reflektion der eigenen, schmerzhaften Lebenserfahrung als Schwarzer in den USA verknüpft.

In JE SUIS NOIRES dagegen begibt sich Rachel M’Bon auf ihre eigene Identitätssuche als Schweizerin und Schwarze und zeigt Frauen, die für die Anerkennung des strukturellen Rassismus kämpfen.

Und in LES MISÉRABLES von Ladj Ly geht es um eine überforderte Polizei-Sondereinheit im Pariser Vororts Montfermeil.

Die Reihe wird mit Filmgesprächen und einem Apero abgerundet.

 

Schliesslich verlängern wir aufgrund des grossen Erfolges SMOKE SAUNA SISTERHOOD von Anna Hints. Und zeigen auch noch einmal die Filme der RETROSPEKTIVE BEAT BORTER - TRILOGIE KÜNSTLER IM PORTRAIT.
 

 

Download das PROGRAMM und die AGENDA mit allen Filmen

 

Artikel zur Filmreihe im Bieler Tagblatt 29.02.2024